Donnerstag, 4. Februar 2010

Eine Nation - Zwei Mannschaften ?




Fünfundsechzig Jahre nach dem Ende des von Deutschland entfesselten II. Weltkrieges wird es immer schwieriger, die politischen Verwicklungen der Nachkriegszeit und ihre Auswirkungen auf die verschiedensten Bereiche des Lebens im geteilten Deutschland deutlich zu machen.

Im Zusammenhang mit dem Thema „XX. Olympische Spiele München 1972“ will ich versuchen, so knapp wie möglich zusammenzufassen, wie es zum Einmarsch zweier Deutscher Mannschaften bei der Eröffnungsfeier in München kommen konnte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erließ der Alliierte Kontrollrat am 17. Dezember 1945 die Direktive Nr. 23, welche alle Sportorganisationen auflöste. Die amerikanische Militärregierung lehnte die durch Carl Diem im November 1946 beantragte Gründung eines Nationalen Olympischen Komitees ab. Damit fehlten die formalen Voraussetzungen für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1948.

Aber auch die Rolle Deutschlands als Verursacher des Zweiten Weltkriegs war ein wesentlicher Grund für die Nichtteilnahme.

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Mai und kurz vor der absehbaren Gründung der DDR im Oktober konstituierte sich am 24. September 1949 offiziell das Nationale Olympische Komitee Deutschlands.

Das NOK betrachtete sich im Rahmen des Alleinvertretungsanspruchs als die olympische Vertretung Gesamtdeutschlands, obwohl sich die deutsch-deutschen Differenzen verstärkten. Diese manifestierte sich auch in der Gründung eines eigenen Nationalen Olympischen Komitees der DDR, am 22. April 1951.

Während der IOC-Sitzung zwischen dem 7. und 9. Mai 1951 wurde der Beitritt des NOK der DDR mit der formellen Begründung abgelehnt, dass ein Land nicht durch zwei nationale Olympische Verbände vertreten werden könne. Dieser Streit wurde erst in der „Lausanner Vereinbarung“ vom 22. Mai 1951 beigelegt. Das Ergebnis war eine gesamtdeutsche Mannschaft, wobei DDR und BRD als ein Staat betrachtet wurden, während das Saarland noch ausgeklammert wurde. Am 6. September 1951 kündigte jedoch das NOK der DDR die Vereinbarung, und in den folgenden Verhandlungen kam es zu keiner Einigung. Am 8. Februar 1952, als eine Konferenz zwischen DDR-NOK und IOC in Kopenhagen geplant war, ließen die DDR-Funktionäre die IOC-Mitglieder warten. Damit waren die Gespräche noch vor ihrem Beginn beendet.

Die "Provokation von Kopenhagen" aus dem Februar 1952 stand am Anfang der sogenannten Querelles d`allemandes, des Streits der Deutschen aus West und Ost um die gemeinsamen Olympiamannschaften für 1960 und 1964. Da die Frage der Deutschen Nationalhymne erst am 29. April 1952 geklärt wurde, erklang bei den Siegerehrungen nicht die Melodie des Deutschlandlieds, sondern Beethovens 9. Sinfonie, die Ode an die Freude. Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen wieder deutsche Sportler an Olympischen Sommerspielen in Helsinki teil, in zwei Mannschaften. Die deutsche Mannschaft kam jedoch ausschließlich aus Westdeutschland (ohne Saarland), da die ostdeutschen Offiziellen den IOC-Beschluss zur gemeinsamen Beteiligung noch ablehnten.. Zum ersten und letzten Mal nahm das damals noch unter französischem Protektorat stehende, aber autonome Saarland (SAA) an den Spielen teil. Es wurde zwar keine Medaille gewonnen, aber im Jahr 1956 konnten Saarländer dann schon zu gesamtdeutschen Erfolgen beitragen.

Die vorläufige Aufnahme der DDR ins IOC erfolgte 1955 mit 27 zu sieben Stimmen nur unter der Bedingung, dass DDR-Sportler und Athleten der BRD für 1956 eine gemeinsame Mannschaft bildeten. Der Präsident des NOK der DDR Heinz Schöbel stimmte diesem Kompromiss zu. Die DDR wollte nicht mehr länger von Olympischen Spielen ausgeschlossen sein und mit sportlichen Erfolgen auf sich aufmerksam machen.

Nachdem 1959 die DDR durch Hinzufügen von sozialistischen Symbolen zu Schwarz-Rot-Gold eine eigene Staatsflagge eingeführt hatte, kam es zum Streit darüber, hinter welcher Fahne die Athleten bei den Olympischen Spielen von 1960 einmarschieren sollten. Nach langem Ringen einigte man sich auf Schwarz-Rot-Gold mit weißen Olympischen Ringen.

Mit dem Bau der Berliner Mauer kam es zu einer weiteren Verschärfung der Gegensätze zwischen Ost und West.. Im Dezember 1962 kam es zu Verhandlungen der beiden deutschen NOKs über den Vorschlag, keine Ausscheidungskämpfe auszutragen und als zwei getrennte Mannschaften mit selber Flagge und Hymne anzutreten.

Auf der 63. IOC-Sitzung in Madrid wurde eine unabhängige DDR-Mannschaft zugelassen. Konfliktpotenzial bot jedoch die Tatsache, dass West-Berliner Sportler der westdeutschen Mannschaft angehören sollten. In der Folge traten bei den Olympischen Spielen in Tokio 1964 und Mexiko 1968 zwei getrennte deutsche Mannschaften an, die jedoch beide noch die Flagge mit den Olympischen Ringen und die Ode an die Freude als Hymne gemeinsam hatten. Mit dieser Lösung wurde die gesamtdeutsche Mannschaft ein letztes Mal gerettet.

Die DDR präsentierte sich erst ab 1972 vollkommen selbstständig